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Der Rententrend im Jahresabschluss 2023
Aktuelle Entwicklungen für die Erstellung der versicherungsmathematischen Gutachten

Vorbemerkung

Der Gesetzgeber fordert, dass Rückstellungen in der Handelsbilanz in Höhe des nach vernünftiger kaufmännischer Beurteilung notwendigen Erfüllungsbetrages anzusetzen sind (§ 253 Abs. 1 Satz 2 HGB). Für Pensionsrückstellungen bedeutet dies, dass bei der Bewertung auch zukünftige Entwicklungen berücksichtigt werden müssen. Typische Parameter, die einen Einfluss auf die später zu zahlende Rente haben, sind Gehalts- und Rententrends. Während (end-)gehaltsabhängige Zusagen immer weniger verbreitet sind und somit die Höhe des Gehaltstrends an Bedeutung verliert, ist der Rententrend für einen Großteil der Zusagen weiterhin relevant.

Pflicht zur Rentenanpassung

Theoretisch hat der Arbeitgeber alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen (§ 16 BetrAVG). Über die Erhöhung ist nach billigem Ermessen zu entscheiden. „Billiges Ermessen“ bedeutet, dass der Arbeitgeber bei seiner Entscheidung über die Anpassung seinen Ermessensspielraum nur im Rahmen eines ausgewogenen Verhältnisses zwischen den Interessen des Arbeitgebers und den Interessen des Arbeitnehmers ausüben darf.

Praktisch wird ein Arbeitgeber regelmäßig alle 3 Jahre die Renten anpassen müssen, um eine inflationäre Auszehrung der Betriebsrenten zu verhindern. Für Details dazu verweisen wir auf unseren Beitrag aus IPM AKTUELL 1/2023.

Rententrend als Parameter im versicherungsmathematischen Gutachten

Für die Bewertung in der Steuerbilanz ist klar geregelt, dass Erhöhungen oder Verminderungen der Pensionsleistungen nach dem Schluss des Wirtschaftsjahres, die hinsichtlich des Zeitpunktes ihres Wirksamwerdens oder ihres Umfangs ungewiss sind, bei der Berechnung des Barwerts der künftigen Pensionsleistungen und der Jahresbeträge erst zu berücksichtigen sind, wenn sie eingetreten sind (§ 6a Abs. 3 Nr. 1 Satz 4 EstG). D.h. hier wären nur der Höhe nach klar geregelte Erhöhungen, z.B. in Höhe von 1 % p.a. (gem. §16 Abs. 3 Nr. 1 BetrAVG) für die Gutachten zu berücksichtigen. In der Handelsbilanz gelten „nur“ die in den Vorbemerkungen genannten allgemeinen Anforderungen. Für Zusagen, die unter die Escape-Klauseln des §16 Abs. 3 BetrAVG fallen, ergibt sich die Wahl des richtigen Parameters einfach. Komplexer ist die Wahl des richtigen Rententrends, wenn die Anpassung gemäß des Verbraucherpreisindexes für Deutschland erfolgen soll.

Ermittlung der zukünftigen Inflation

Blicken wir zuerst kurz in die Vergangenheit: in den 20 Jahren vor 2020 lag die Inflation (auf Basis 2020) in Deutschland im Durchschnitt bei 1,3 % – 1,4 %. Dabei war die Inflation nur in 3 Jahren oberhalb der 2%-Marke, in den letzten drei Jahren lag die Inflationsrate bei 3,1 %, 6,9 % bzw. 5,9 %. Die vorläufigen Daten des statistischen Bundesamtes für Februar 2024 weisen eine Inflation in Höhe von 2,5 % aus. Volkswirte rechnen mit einem weiteren Rückgang der Inflation im Laufe des Jahres.

Die aktuelle Inflation unterliegt also großen Schwankungen und eignet sich als Parameter für die Bewertung nicht. Es bleiben somit zwei Möglichkeiten, zum einen eine eigene Schätzung auf Grundlage der Erwartung an die Zukunft oder zum anderen die Kopplung an die Markterwartung für die Zukunft. Die Markterwartung unterliegt auch gewissen Schwankungen, ist aber deutlich langfristiger als die aktuelle Inflation ausgerichtet und somit als Schätzer grundsätzlich geeignet. Allerdings gibt es keinen einfachen Index, um diese Erwartung abzulesen – für die Bestimmung ist unter anderem die Erstellung eines mathematischen Modells notwendig. Dieses Modell vergleicht den Kupon von Anleihen mit und ohne Inflationsindexierung und berechnet daraus die Erwartung des Marktes an die Inflation. Bei der Wahl einer eigenen Prognose ist man freier in der Herleitung und weniger Schwankungen unterworfen.

Häufig lehnt man sich hier an der Erwartung der Europäischen Zentralbank (EZB) an. Der EZB-Rat als Entscheidungsgremium des Eurosystems sah in der Vergangenheit die Preisstabilität als gegeben an, wenn der jährliche Anstieg des Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) auf mittlere Sicht geringer als 2 % gegenüber dem Vorjahr ist. Nach Ausbruch der Finanzkrise wurde dieses Ziel präzisiert und als neues Inflationsziel „symmetrisch 2 Prozent“ ausgegeben. Damit soll insbesondere zum Ausdruck gebracht werden, dass Abweichungen sowohl nach oben als auch nach unten unerwünscht sind.

Als Orientierung sind 2 % Inflationsziel somit eine gute Ausgangslage für die Ermittlung des Rententrends.

Fazit / Praxisempfehlung

In der Praxis wurde häufig einfach eine Annahme getroffen, ohne ein konkretes Verfahren für die Wahl zu beschreiben. Typische Rententrends lagen im Bereich von 1,3 % bis 2,2 %. Grundsätzlich gilt, dass einmal gewählte Verfahren stetig anzuwenden sind und eine Änderung nur aufgrund sachlicher Gründe gestattet ist. Die tatsächliche Erhöhung der Inflation in den letzten Jahren im Zusammenhang mit der Präzisierung der Notenbank rechtfertigt u.E. eine Anpassung. Wichtig hierbei ist eine nachvollziehbare Herleitung und entsprechende Dokumentation für den (Wirtschafts-)Prüfer.

Grundsätzlich ist u.E. ein eigenes Herleitungsverfahren vorzugswürdig, da die getroffenen Annahmen als Langfristannahme auch über mehrere Jahre beibehalten werden kann und somit weniger Schwankungen auftreten. Darüber hinaus lässt sich diese Annahme ohne Modellierung mathematischer Modelle erstellen und somit mit geringerem Aufwand.

Ausgehend von den 2 % Inflationsziel sind u.E. Rententrends in Höhe von 1,7 % – 2,5 % sachgerecht. Trends deutlich über den 2 % allerdings nur unter Berücksichtigung einer vergleichsweisen kurzen Restlaufzeit (<10 Jahre) der Verpflichtung. Eine Überkompensation aufgrund der aktuell hohen Inflation sollte vermieden werden.

Die tatsächliche Inflation in Deutschland ist in der Vergangenheit meist leicht unterhalb der Inflation im gesamten Euroraum zurückgeblieben, dies darf und sollte auch bei der Wahl des Rententrend berücksichtigt werden. Darüber hinaus kann ein Abschlag in Höhe von 0,1 % vorgenommen werden, um den 3-Jahres-Rhythmus zu berücksichtigen. Die üblichen Bewertungsverfahren unterstellen eine jährliche Anpassung, dies führt zu einer leichten Überbewertung.

Ein Rententrend in Höhe von 1,5 % ist u.E. nur noch in Ausnahmefällen anzuwenden, z.B. wenn Rentenanpassungen in Zukunft zum Teil zu Recht unterlassen werden sollen.

Wir empfehlen die Wahl des Rententrends mit Ihrem Aktuar zu besprechen und ggf. auch im Vorfeld mit Ihrem Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zu besprechen, um mehrfache Berechnungen zu vermeiden.

© IPM Industrie-Pensions-Management GmbH